Junikrise


Als Junikrise bezeichnen einige Schweizer Historiker die staatspolitisch für das Land äusserst einschneidende Situation des Juni 1940, als Frankreich mit dem Einmarsch der Wehrmacht in Paris als einziger verbliebener alliierter Nachbar als Machtfaktor ausschied und die Schweiz von den faschistischen Achsenmächten vollständig eingekreist war.

Bereits eine Woche vor diesem Schlüsselereignis hatten sich über dem kleinen, neutralen und relativ wehrbereiten Alpenstaat dunkle Wolken zusammengebraut: Eine unverhohlene Drohung Berlins, man werde künftig «mit anderen Mitteln» antworten, sollte die Schweiz ihrer Luftwaffe weiterhin freie Hand gewähren, deutsche Flieger anzugreifen, welche den Schweizer Luftraum verletzten. General Henri Guisan reagierte darauf mit einem Verbot der bis anhin für die Schweizer Flieger recht erfolgreichen Luftraumschutz-Massnahmen.

Nach der Niederlage Frankreichs wurde die strategische Situation des Landes noch wesentlich kritischer: Am 17. Juni und danach erneut zwischen 22. und 25. Juni bewegte sich das «unbeschäftigte» Panzerkorps Heinz Guderian mit rund 850 Panzern bedrohlich nahe an der Schweizer Grenze. In den Schweizer Führungs-Etagen kamen hektische Aktivitäten in Gang. Am 22. Juni gelangte General Guisan im Rahmen einer Generalstabs-Besprechung zum recht überraschenden Schluss, er sei «überzeugt, dass die Deutschen nunmehr in erster Linie einen politischen und wirtschaftlichen Druck ausüben werden». Tags darauf erging sein Befehl, z.B. die in den Städten errichteten Abwehr-Stellungen abzubauen. Am 25. Juni kündigte Bundespräsident Marcel Pilet-Golaz in einer offensichtlich mit dem General abgesprochenen Rede an die Bevölkerung an, es bestehe «keine militärische Gefahr mehr» und man werde nun schrittweise zwei Drittel der zum Grenzschutz aufgebotenen Heereseinheiten demobilisieren.